New is the new new!

7.000€ für den Kunstverein Harburger Bahnhof (KVHBF)

Immer wieder hört man Leute sagen, dass der ehemalige Wartesaal im Harburger Fernbahnhof der beeindruckendste Ausstellungsraum in Hamburg sei. In der Tat ist es ein besonderes Erlebnis, wenn man durch die unauffällige Glastür zwischen Imbiss und DB-Infoschalter tritt und sich unerwartet eine 300 qm große lichtdurchflutete Halle mit Stuck und hölzerner Kassettendecke offenbart. Von 1999 an ist hier der Kunstverein Harburger Bahnhof situiert und erstrahlt seit Anfang des Jahres, nach der Renovierung des Ausstellungsraumes, in neuem Glanz.

Babak Behrouz, "kW", Installation aus 16 Energiesparlampen (Made in Iran), HD-Video, 2016, Ausstellungsansicht Kunstverein Hamburger Bahnhof 2016, Foto: Jens Franke

Babak Behrouz, “kW”, Installation aus 16 Energiesparlampen (Made in Iran), HD-Video, 2016, Ausstellungsansicht Kunstverein Hamburger Bahnhof 2016, Foto: Jens Franke

Beeindruckend sind nicht nur die historischen Räumlichkeiten vom Ende des 19. Jahrhunderts, sondern auch der Umstand, dass dort in den vergangenen Jahren unter sehr bescheidenen finanziellen Bedingungen ein beachtliches Programm realisiert wurde. Reisende geraten hier immer wieder ins Staunen und Kunstinteressierte aus Hamburg oder darüber hinaus zieht es regelmäßig an diesen besonderen Ort.

Da die künstlerische Leitung und damit die Programmverantwortung in einem verhältnismäßig kurzen Tonus wechselt, ist es besonders erfreulich, dass es nun schon seit Jahren unter variierenden Schwerpunkten gelingt, ein konstant anspruchsvolles Programm umzusetzen, das die Stadt meines Erachtens sehr bereichert. Im April diesen Jahres wurde dies auch überregional gewürdigt, indem die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine das Programm von Anna Sabrina Schmid, die den Kunstverein von Januar 2014 bis März 2016 leitete, mit dem ADKV-ART-COLOGNE-PREIS FÜR KUNSTVEREINE 2016 auszeichnete. In den Jahren zuvor waren Isabelle Busch und Franziska Solte (2011-2013), Britta Peters (2008-2011) und Marie Luise Birkholz (2010-2011) sowie Tim Voss (2007-2008) für das Programm verantwortlich. Auch Nina Möntmann und Mathias Güntner sowie viele Andere waren in den Anfängen hier aktiv. Das Programm wurde sukzessive internationaler und durch konzeptionelle, raumbezogene, performative und auditive Ansätze bestimmt. Man könnte thematische Gruppenausstellungen zu Geld, Macht, Liebe oder dem Prinzip des Schwarmverhaltens sowie erste Einzelausstellungen und Neuproduktionen sehen. Weitere Formate und Schwerpunkte wie die Reihe MONITOR, das MAGAZIN mit Risograph und Künstlerpublikationen, der Filmclub oder die Phonothek sowie die Produktion von Künstlerschallplatten ergänzten die Ausstellungen.

Ruth Buchanan, "Or, a camera Or, a building Or, a screen", Ausstellungsansicht, Kunstverein Harburger Bahnhof 2015. Foto: Michael Pfisterer

Ruth Buchanan, “Or, a camera Or, a building Or, a screen”, Ausstellungsansicht, Kunstverein Harburger Bahnhof 2015. Foto: Michael Pfisterer

Seit März 2016 sind die Kulturwissenschaftlerinnen Lisa Britzger und Jennifer Smails für den Kunstverein Harburger Bahnhof als Künstlerische Leitung tätig. Nach der Abschlussausstellung des Hamburger Arbeitsstipendiums und einer ausgedehnten Sommerpause, in der man Ressourcen bündelte um nun ab Oktober mit eigenem Programm und neu konzipierter Homepage durchzustarten, kündigen die neuen Kuratorinnen einen vielversprechenden Auftakt an: „Second Screen – Texte über Kunst“ heißt das Symposium, das sich am 14. Oktober „dem Schreiben über Kunst als institutionelle Praxis“ widmet und nach „den Möglichkeiten und Herausforderungen der sprachlichen Kontextualisierung von Kunst im Digitalen und Analogen“ fragt. Am 3. November eröffnet dann ihre erste Ausstellung mit Arbeiten von Christopher Kulendran Thomas, der jüngst auf der Berlin Biennale vertreten war.

Ich fiebere einer weiteren Episode im Kunstverein Harburger Bahnhof entgegen und möchte diese – im Vertrauen darauf, dass es sich über alle Wechsel hinweg immer um einen hervorragenden Ort handelte – mit einem Beitrag aus dem Kunstbeutel unterstützen.

KBT4