Hallo Hamburg

Der Anruf aus der Kulturbehörde kam ziemlich überraschend. Noch mehr das Vorhaben, das ich mir erstmal erklären lassen musste. Eine anonyme Person soll im Auftrag der Stadt 40.000 Euro an hiesige Künstlerinnen und Künstler verteilen. Kriterien? So gut wie keine. Verteilt wird nach eigenem Ermessen. Ganz subjektiv.

Kenne ich mich denn genug aus in der Hamburger Kunstszene? Hm. Zumindest glaubt das irgendjemand aus der Runde, die Vorschläge für den oder die „Kunstbeutelträgerin“ eingereicht hatten. Aber natürlich weiß ich nicht genug, kenne nicht alles und jeden. Mein Blick ist subjektiv. Es gibt Kunst, die ich mag und solche, die ich nicht mag. Doch, doch, hat mir die Kulturbehörde versichert, das ist genau so gewollt.

Das leuchtet ein, wenn man überlegt, dass die Situation bei jeder Vergabe von Preisgeldern und Stipendien eigentlich ähnlich ist. Unbefangen ist in der Kunstszene eigentlich niemand. Es wäre sogar recht merkwürdig, würde jemand von sich sagen, er sei unbefangen oder objektiv. Das Interesse für Kunst beginnt ja meist mit der Leidenschaft für ganz bestimmte Formen und Werke. Insofern ist diese Carte Blanche natürlich eine fantastische Angelegenheit. Wen oder was wollte ich schon immer einmal fördern? Einerseits ein Traum, so viel Geld verteilen zu können.

Anderseits auch eine ziemliche Verantwortung. Dessen bin ich mir bewusst. Es ist nicht mein Geld, das ich das verteile. Auch wenn es unmöglich ist, objektiv zu sein, will ich versuchen, so fair zu sein wie möglich. Für mich heißt das, dass ich mir viel ansehen werde in nächster Zeit. Große und kleine Ausstellungen, Projekte und Festivals. Diese Internetseite soll mir Gelegenheit geben, meine Entscheidungen zu benennen, aber auch zu begründen. Manche wird nicht jedem gefallen. Deshalb gibt es hier auch Raum für Diskussionen und Kontroversen. Darauf freue ich mich fast am meisten. Ich glaube es tut der Stadt gut, den Stellenwert zu diskutieren und zu überdenken, den sie der Bildenden Kunst einräumt. Es gibt viel zu besprechen.

Anonymus (der oder die Kunstbeutelträgerin)

KB-HH

3 Gedanken zu “Hallo Hamburg

  1. Auch ich finde die Idee mit dem Kunstbeutel sehr spannend und freue mich, wenn gerade Künstler – welcher Richtung und welcher Art auch immer – die Chance bekommen, auf diesem Weg ihre Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen –
    Auch gerade einer Bevölkerungsgruppe, die sich normalerweise nicht in der “Szene” aufhält oder damit auseinandersetzt wird sich durch diesen ungewöhnlichen Modus sicherlich ein Weg öffnen, über “Kreative” nachzudenken und ihnen eine Form der Anerkennung zukommen zu lassen. – Ich verfolge mit Spannung diese Aktion und danke den Akteuren…

  2. Hallo Hamburg,

    grundsätzlich eine feine Sache. Der Betrag ist zwar etwas kläglich – nach anfänglichem Unverständnis bin ich nun aber von der Sinnhaftigkeit des Unternehmens überzeugt. Einen Haken scheint es aber aber zu geben: Der Fokus scheint rein auf Projekten und Initiativen zu liegen, die sich in Hamburg abspielen. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass die einzige Chance der jungen (Hamburger) Künstlerschaft auf überregionale und internationale Aufmerksamkeit (und damit auf die Grundlage zum Weitermachen überhaupt) in der Teilnahme an überregionalen und internationalen Ausstellungen liegt.
    Als Teil der (dann doch irgendwie hamburgischen) Künstler-Selbsthilfegruppe Friends and Lovers in Underground frage ich mich also, ob ein Happening auf einem Steirischen Schloss mit über 60 beteiligten, davon alleine 30 aus Hamburg, nicht auch ein wenig unbürokratische Aufmerksamkeit aus Hamburg verdient hätte.

    Herzlich,
    Tillmann Terbuyken